Juche, Kerweih!
Jahrgangstreffen der Rekascher mit Buchpräsentation zur Kirchweih
am 24. September 2022, in Königsbrunn
„Mit dem Herbst, da der Wein gekeltert wird, die Maiskolben ihr knisterndes Lieschenkleid hergeben müssen und man das Saatkorn in die aufgerissene Erde streut, kommt auch die Zeit der Kerweih. Wir dürfen mit Recht sagen, der schwäbischen Kerweih – denn sie gehört ausschließlich uns.“
(Franz Liebhard)
Dieser Auschnitt einer Reportage aus der Bukarester deutschen Tageszeitung „Neuer Weg“ von 1959 ist nicht nur von Stefan Lehretter seinem Bildband: „Kirchweih in Rekasch – Brauchtum im Banat“ vorangestellt worden, sondern er diente auch als Einführung der Buchpräsentation von Waltraut Rumesz. Gleich unter drei schlechten Vorzeichen stand die Veranstaltung vom 24. September 2022: Corona hatte viele Beteiligte ausgeknockt, die Verkehrslage auf den Autobahnen und der B17 hatte die Fernreisenden angehalten und zu allem Überfluss kippte auch noch das Wetter. Dennoch war die Veranstaltung gelungen!
Im „Trachtenheim“ Königsbrunn bei Augsburg fand das 29 Jahrgangstreffen der Rekascher statt, gekoppelt an die Vorstellung des erwähnten Bildbandes und umrahmt von Trachtengruppen, Musik und Tanz. Nach dem Saaleinlass und dem Warten auf die verspäteten auswärtigen Gäste traten die Tanzgruppen des „Augsburger Kreisverbandes der Banater Schwaben“ auf und boten als Kinder-, Jugend- und Erwachsenengruppen unter den Anleitungen von Ramona Abendschein, Andrea Kielburg und Ramona Sobota getrennt und zusammen vielerlei Tänze dar.
Die Augsburger Tanzgruppe in Banter Schwäbischer Tracht. Foto: Stefan Lehretter
Dank technischer Unterstützung durch den gebürtigen Josefsdorfer, Peter Bergmann, klappte auch die musikalische Umrahmung sowie der nachfolgende Vortrag: Liebe Maria, lieber Peter, habt vielen lieben Dank für euren Einsatz in Bild, Ton und Hilfestellung.
Augsburger Tanzgruppe. Foto: Stefan Lehretter
Bei dem anschließenden Vortrag ging es um ein Hineintasten in das Buch: So hob die Referentin einerseits aus dem Vorwort des HOG-Vorsitzenden, Erwin Lehretter, hervor, dass eine Dokumentation der Kirchweihfeste unabkömmlich sei, um nicht jahrhundertealte Traditionen zu vergessen. Andererseits aber auch wurde im Vorwort des Herausgebers, Stefan Lehretter darauf verwiesen, dass dieses Buch keine Monographie der Kirchweihfeste sei und auch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebe, sondern ein ganz bewusst gestalteter Bildband, der zwar auf die Besonderheiten der Rekascher Kirchweihfeste hinweist, ansonsten jedoch hauptsächlich die Bilder „sprechen lässt“. Dies ist dem Autoren vorzüglich gelungen!
„Erfunden wurde die Kerweih weder in Rekasch, noch im Banat!“ Mit dieser Aussage begannen die Kommentare zur Präsentation. Es wurde auf das Patrozinium der Kirche und dem zunächst vom 24. Juni (Johannes der Täufer, Schutzpatron der Rekascher Kirche) in den Oktober (nach Abschluss der Feldarbeiten) verlegten Festes verwiesen, welches dann wiederum in den 70er Jahren in den August zurück gebracht wurde, weil die meisten jugendlichen Mitwirkenden an die Schulferien gebunden waren. Ferner wurde auf den Wandel der Trachten aufmerksam gemacht: Ursprünglich war es die Sonntagstracht der Unverheirateten, danach jene der Banater Trachtenbälle und ab 1955 – dem ersten Kirchweihfest nach dem Zweiten Weltkrieg – setzte sich die dokumentierte Tracht durch, die auch detailgetreu im Buch beschrieben wird.
Waltraut Rumesz bei der Buchpräsentation. Foto: Peter und Maria Bergmann
Erste Bilddokumente stammen aus den 30er Jahren: Das sind wunderbar in Szene gesetzte Gruppenaufnahmen von 20 bis 30 Kirchweihpaaren, der Gastwirt, Ferdinand Tasch, auch immer mit auf den Aufnahmen, die damals noch aufwändig auf Photoplatten festgehalten worden waren und heute liebevoll vom Autoren bearbeitet wurden. Aus dem Jahr 1933 stammt das älteste erhaltene Photodokument, jene Jahre stellten nicht nur die Blütezeit der Banater Schwaben in wirtschaftlicher wie auch kultureller Hinsicht dar, sondern die Generation davor war vom Ersten Weltkrieg betroffen oder gar ausgelöscht worden, sodass im besagten Jahr gleichzeitig eine vom katholischen Frauenverbund organisierte Kinder- und eine Jugendlichenkirchweih stattfinden konnten. Es handelt sich um die Geburtenjahrgänge 1919 -27 bzw. 1915 – 1920. Die Jahre 1937 und 38 werden noch photographisch belegt sowie alljährliche Trachtenbälle zwischen 1936 bis 1941, die immer im Winter stattgefundene hatten, mit entsprechenden Straußlitzitationen und bemerkenswerten Aufnahmen mit den Spendern dieses ersteigerten bunt geschmückten Straußes. Nach diesen Jahren gab es keinen Anlass zu Feiern, bis die Kriegskinder, zumeist die Kindergeneration jener 33er Eltern nach Jahren der Umbrüche und der Missstände wieder die Initiative ergriffen und zunächst den Tanzsaal von dem dort gelagerten Getreide des staatlichen landwirtschaftlichen Betriebes freiräumten und nach alter Tradition wieder Kirchweih feierten. Dies waren jedoch nur die Jahre 1955, 56 und 58 und im Jahrzehnt danach die geburtenschwachen Jahrgänge der Nachkriegsgeneration, die 1965, 68 und 69 Kirchweihfeste feierten. Lediglich die 70er Jahre hatten bis zum Jahr 1979 jährliche Feiern vorzuweisen, allerdings mit immer weiter schrumpfenden Teilnehmerzahlen. Aus diesen Jahren stammen selbsterklärend auch die meisten Bilder, die heutigen Generationen erkennen sich auch noch selbst, wohingegen auf den älteren Aufnahmen oft ein N.B. für „nicht (mehr) bekannt“ steht
Das älteste erhaltene Rekascher Kirchweih-Photodokument aus dem Jahr 1933
Neben diesen chronologischen Wiedergaben stellt das Buch aber vor allem auch einzelne Kirchweih-Elemente vor – und so war auch der Vortrag aufgebaut: Die Tracht selbst, nebst allen Ritualen und Traditionen, die sich (leicht) abgewandelt haben in den gut dokumentierten Jahrzehnten, die aber immer unter dem gleichen Zeremoniell standen. Dankenswerter Weise ist viel Material zur Verfügung gestellt worden, das sind Bilder, aber auch Filmmitschnitte bereits damals in der Bundesrepublik lebender Verwandter, das gut erhalten ist und von Spendern zur Verfügung gestellt wurde. Der Vortrag erwähnte diese Rituale und den Ablauf der einzelnen Feier-Tage, ein kurzer eingespielter Filmmitschnitt widerspiegelte die Stimmung, die Farben, den Gleichschritt und auch das Zeremoniell zur Begrüßung der Gäste durch den Vortänzer und die Verlosung von Hut und Tuch durch die Geldherren. Schade nur, dass keine Originalaufnahme des „Kerweihstickls“ tontechnisch erhalten blieb, denn auch jenes war ein ganz besonderes Element.
Die Augsburger Tanzgruppe mit dem Rekascher Vorstand. Foto: Bergmann
Das Ende des Buches widmet sich den Ausklängen der Kirchweihfeste in Rekasch, die 1989 und 90 nochmals stattfanden, allerdings stark gerupft und kaum noch von deutschen Jugendlichen getragen. 2022 gab es – finanziert und unterstützt vom Deutschen Forum im Banat ein Revival eines Kirchweihfestes, organisiert von Tiberius Palikucsan, ehemaligem Mitwirkenden von 1990, der auch als Kirchweihvater agierte. Einen solchen jedoch gab es in Rekasch nie. Und überhaupt: wenn auch die Mitglieder verschiedener Tanzgruppen und Vereine sich viel Mühe gaben, Brauchtum und Traditionen einzuhalten, so war es doch nicht mehr die bewährte „Rekascher Kerweih“.
In der neugefundenen Heimat gab es auch ein Aufleben der Brauchtumspflege: Seit dem Jahr 2007 (und 09 und 11) gab es immer mal wieder auch Aufmärsche und Tanzeinlagen von vier bis zu zehn Paaren und einem Höhepunkt 2015 anlässlich der 30-Jahr-Feier seit dem Bestehen der HOG Rekasch mit insgesamt 23 Trachtenpaaren, begleitet von einer Blasmusikkapelle, bei der sämtliche Rekascher Musikanten nebst Nachkommen mitspielten.
Mit diesem Ereignis endet die Photodokumentation und auch die Buchvorstellung nahm hier ihr Ende mit dem Hinweis auf die Förderer des gesamten Unterfangens: Das ist das Kulturwerk der Banater Schwaben, e.V. Bayern, welches Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales für solche Projekte zur Verfügung stellt. Die Bücher sind bei der Vorstandschaft bei Interesse abzuholen das sind die Ansprechpartner Erwin Lehretter in Augsburg (Tel. 0821/ 724221) und Franz Tasch in Karlsruhe (Tel. 0721/ 1326118)
Franz Tasch vertrat an dieser Veranstaltung den ersten Vorsitzenden, Erwin Lehretter, der krankheitsbedingt ausgefallen war, in seinen Begrüßungs-, Dankes- und Jahrgangstreffens-Reden, doch nur wenige der zu Feiernden 50 bis 85-Jährigen fanden den Weg hierher, zu viele der älteren Generationen sind inzwischen verstorben. Geehrt wurden auch die jeweils ältesten Besucher mit der schon zur Tradition gewordenen Schokolade für die Damen und dem Rekascher Wein für die Herren.
Dem Alter die Ehre: die Anwesenden drei ältesten Männer und die drei ältesten Frauen. Foto:Bergmann
Noch immer nicht genug des Programmes: Neben der exzellenten Küche des Trachtenheimes spielten ab 18:00 Uhr „Amore Blue“ zum Tanz auf. Das sind Bianca und Patrick Schummer, die sangen, spielten und gute Stimmung verbreiteten durch ein aufs Publikum abgestimmtes Repertoire, bei dem selbst „Perinita“ und „Doi ochi negri“ glaubwürdig an das tanzbegeisterte Publikum weitergegeben wurden. Da waren dann die autobahngebundenen Fernreisenden allerdings schon wieder weg und der Abend und die Veranstaltung auch am Ende angelangt.
Bianca und Patrick Schummer sorgten für Musik , Tanz und gute Stimmung. Foto: Stefan Lehretter
Dank gilt an dieser Stelle jeder und jedem, die/der sich in irgendeiner Weise eingebracht haben, ob das ein Fahrdienst, Hilfe bei der Dekoration, dem Film- und Tondienst war, der Tanzgruppe sowie allen Organisatoren und Gästen der Veranstaltung, die zum guten Gelingen dieses Festes beitrugen. Und ein besonderer Dank gilt natürlich dem Verfasser des Buches, ohne welches die Veranstaltung gar nicht so breit angelegt hätte stattfinden können. Das nächste Fest wird an Pfingsten 2023 in Karlsruhe sein: Das ist dann das reguläre HOG-Treffen mit Vorstandswahlen.
(Text: Waltraut Rumesz; Bilder: Maria und Peter Bergmann)
25. Jahrgangstreffen der Rekascher in Karlsruhe
am 23.Oktober 2021
Obwohl die Pandemie scheinbar noch lange nicht beendet ist, haben wir Rekascher uns vorgenommen, eine besondere Feier zu gestalten. Nach der 3-G-Regelung war jeder am Samstag, den 23. Oktober 2021, im Siedlerheim in Karlsruhe willkommen, der dies nachweisen konnte. Und so bekam auch jeder eingelassene Gast ein buntes Armbändchen – wie vormals in der Disko – und freute sich über das Zustandekommen der Veranstaltung.
Die Freude war umso größer, als sich der ein oder andere diesmal begrüßen konnte, zumal seit dem letzten Treffen an Pfingsten 2019, das auch in Karlsruhe stattgefunden hatte, 38 Personen aus der Rekascher Gemeinschaft verstorben sind. Dieser Toten wurde in einer Schweigeminute gedacht.
Die Begrüßungsrede des ersten Vorsitzenden, Herr Erwin Lehretter, umfasste demnach zunächst auch Themen wie die Friedhofspflege im Heimatort, die neuerdings von Ilse Mura (geb. Baumwinkler) statt der jüngst verstorbenen Elisabeth Szablyar, (geb. Grundhauser) betrieben wird. Auch die Erneuerung der Gräberpachten direkt beim Pfarrbüro des Rekascher Pfarrers, Anton Budnaru, war Thema, was dringend nötig ist, nachdem die alten Pachtverträge zum Dezember 2020 abgelaufen sind. Wegen Corona – und überhaupt, weil man mit ihm reden kann – wird dies im laufenden und wohl auch kommenden Jahr noch möglich sein, sollte dann aber endgültig beendet werden, da begehrte Plätze gerne anderweitig vergeben würden.
Ein weiteres, wichtiges Anliegen war und ist es dem Vorstand immer noch, alle Betroffenen über die Russland-Entschädigung der Kinder von Deportierten zu informieren. Wer demnach den Antrag dafür nicht gestellt hat, bzw. noch nicht persönlich von Erwin Lehretter kontaktiert worden ist, möge dies bitte baldigst tun, damit die mühsam erkämpften Rechte auf Entschädigung nicht im Sand verlaufen. Deshalb erfolgt hier auch eine nochmalige verstärkte Ermahnung: Keine Scheu vor der Erledigung der entsprechenden Nachweise, die Unterlagen müssen beschafft und die Entschädigungszahlung beantragt werden. Bei Informationsbedarf geben die Vorstandsmitglieder Erwin Lehretter, Franz Tasch, Arthur Wehner und Reinhold Tasch gerne Hilfestellungen.
Auch wurde verkündet, dass im kommenden Jahr, am 26. Juni 2022, zum Patrozinium, ein Kirchweihfest in Rekasch veranstaltet wird. Tibi Palikucsan ist der Organisator und das Deutsche Forum in Temeswar sowie vermutlich auch das Bürgermeisteramt in Rekasch sind die finanziellen Unterstützer. Wir sollten es würdigen und zu diesem Anlass der alten Heimat einen Besuch abstatten. Über die Modalitäten wie der Busfahrt, den Reisetermin, der Unterkunft und des Budjets müsste man noch reden, doch kann realistisch betrachtet, eine Reise nur dann zustande kommen, wenn sich rechtzeitig genügend Interessenten finden. Selbstverständlich steigt und fällt auch diese Veranstaltung und Reise mit der weiteren Entwicklung der Pandemie. Informationen sowie Vormerkungen sollen bei den bereits erwähnten Vorstandsmitgliedern getätigt werden.
Weiterhin hob der Redner – als eigentlichem Anlass des Treffens – die diesjährigen Jubilare von runden Geburtstagenund Hochzeitsjubiläen hervor, deren Zahl leider auch von Jahr zu Jahr schrumpft. Die Anwesenden sind auf dem beigefügten Photo zu sehen.
Die bereits zur Tradition gewordene Würdigung der ältesten Teilnehmer mit Pralinen und heimischem Wein leitete bereits zum unterhaltsamen Teil über, welcher von den Rekascher Musikanten unter der Leitung von Erwin Birnstill bestritten wurde. Zahlreichen Tanzenden war dies aufgrund der Vorschriften erlaubt gewesen.
Ob und als welche Veranstaltung ein nächstes Treffen stattfindet, wird zeitnah mitgeteilt werden, der bereits traditionelle „Pinglball“ im NCR-Clubhaus in Karlsruhe, im Februar/März 2022, müsste die folgende Feier sein, zu welcher - unter Vorbehalt weiterer Kommunikation von den Musikanten eingeladen werden soll.
Mal ganz anders war dieses Treffen, für dessen treibende Kraft, Erwin Lehretter, dankend gewürdigt worden war. Wir hoffen auf eine ebenso gelungene Wiederholung im nächsten Jahr.
Waltraut Rumesz
(im Namen des Vorstandes)
Zum 111. Geburtstag von Peter Focht
Banater Musiker und Pädagoge
Geboren wurde Peter Focht am 27. September 1909 in Schanderhas (Alexanderhausen), im damaligen Bezirkskreis Perjamosch, im Banat. Nach der Schulzeit in der Deutschen Volksschule in seinem Geburtsort zwischen 1915 und 1919 und der Deutschen Mittelschule in Perjamosch in den Jahren 1919 bis 1923 erfolgte der Besuch des Pädagogischen Lyzeums in Temeswar im Zeitraum 1924 bis 1928. Zusätzlich dazu belegte er in der dortigen Musikschule nachmittags in den gleichen Jahren den Instrumentalunterricht in Klavier und Orgel. Diese Befähigung verschaffte ihm in den Folgejahren nach der Lehrerausbildung zunächst die Stellung des Kantors in Neubeschenowa, wonach sein zweijähriger Militärdienst in Karansebesch abgelegt werden musste.
In den darauffolgenden elf Jahren (September 1931 bis September 1942) war Peter Focht als Lehrer in Rekasch tätig, wo er sich auch häuslich niederließ und mit Maria Stricker und seinen beiden Töchtern, Susanne und Rosemarie eine Familie gründete. Während dieser glücklichen Zeit unterrichtete er die fünften, sechsten und siebten Klassen der Deutschen Schule, soweit die damalige Schulpflicht reichte, hauptberuflich in Deutsch. Doch trat die Musik immer mehr in den Vordergrund, sodass zunächst durch sein unermüdliches Streben ehrenamtlich ein Schülerchor gegründet wurde, später ein Männer- und ein gemischter Chor dazukamen und die Jugend für Theater- und Singspiele zu gewinnen war. Es entstand eine Laienschauspielgruppe, die sich an Ausfahrten und Konkursen im Banat beteiligte und somit nicht zuletzt das Vereinsleben des Dorfes ankurbelte. Auch ein Streicherorchester, wie auf der Abbildung zu erkennen ist, spielte anlässlich geschlossener Veranstaltung unter seiner Leitung. Mit der Übernahme des Kantorenpostens in der katholischen Kirche ab dem Jahr 1932 hatte Peter Focht vollständig die musikalische Mitgestaltung der Rekascher in seiner Obhut.
Rekascher Orchester in den dreißiger Jahren unter der Leitung von Peter Focht
(Quelle: Archiv der HOG Rekasch)
Doch bereits im Herbst 1943, mit dem Einbezug zur rumänischen Armee und der anschließenden Verhaftung und Gefangenschaft ohne Gerichtsurteil im August 1944, folgten schwere Schicksalsjahre: Wie viele seiner Landsleute wurde er zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert, wo er einer Goldgrube in Berezovska im Ural zugewiesen wurde. Selbst dort gelang es ihm jedoch, sich musikalisch aktiv zu zeigen, indem er ein Orchester und einen Männerchor gründete. Paar Tage vor Weihnachten 1949 kehrte er zu seiner Familie zurück und war fortan neben Franz und Edith Heuer, Gisela Leicht und Barbara Peppel Lehrer an der inzwischen umstrukturierten Deutschen Schule in Rekasch. Dieser Frieden dauerte auch nicht lange: Aufgrund des in den Vorkriegsjahren propagierten deutschen Gedankenguts denunziert, wurde Peter Focht in den Jahren 1952 und 1953 erneut ohne Gerichtsurteil zur Zwangsarbeit an den Donau-Schwarzmeer-Kanal deportiert. Selbst dieser Strafe hielt er stand und nahm wieder seinen Beruf als Lehrer - zunächst an der Volksschule - und dann ab 1959 als Musiklehrer des neugegründeten Rekascher Lyzeums auf, wobei ihm sämtliche musikalischen Schulveranstaltungen anvertraut worden waren.
Seit September 1971 trat er seine Pensionierung an, doch geruht hat Peter Focht noch lange nicht. Hierbei kam ihm sein Harmonielehre-, Orchestrierungs- und Kompositionsstudium bei Professor Sabin Dragoi während der Jahre 1932 bis 1935 in Temeswar zugute. Seiner Komponistentätigkeit der Zeit von 1935 bis 1990 entstammen insgesamt 450 Musikstücke aller Art. Seine Kompositionen umfassten das Spektrum einfacher Lieder, Walzern, Polkas und Märschen, der Vertonung themenbezogener Schauspiele und den szenisch dargebotenen Singspielen, er orchestrierte und dirigierte die Blasmusikkapelle an Hochzeiten, Kirchweih- und Trachtenfesten, leitete ein Akkordeonorchester und als privaten Musiklehrer für Klavier und Akkordeon erlebte ihn das halbe Dorf. Daneben wurden viele Lieder und musikalische Arrangements, aber auch Artikel zu der Entwicklung der Blaskapellen in Rekasch in den rumäniendeutschen Publikationen (Neuer Weg, Neue Banater Zeitung und der Raketenpost) veröffentlicht. Die Inspirationen hierzu nahm er sich von Gedichten, die in diesen Zeitungen und Zeitschriften erschienen waren. Selbst ein „Lenau-Schule-Lied“ vertonte er.
Nach seiner eigenen Einschätzung trugen seine Werke allesamt den Charakter der deutschen Volksmusik und sind bei der Übersiedlung in die Bundesrepublik zu seinen Kindern im Juni 1990 zunächst im Heimatort geblieben. Inzwischen dürfte sich der Enkel, Eugen Nutescu, selbst Musiker, seines Nachlasses angenommen haben. 1991 verstarb unerwartet seine Gattin, am 21. Juli 1994 der „Focht-Lehrer“, wie er von den Rekaschern immer genannt wurde, fast 85-jährig und dennoch überraschend, da ihm kein langes Leiden vorangegangen war.
Durch sein Leben in Rekasch, sein Engagement und Wirken für die Bewohner dieses Ortes ist er uns allen als eine nicht wegzudenkende Persönlichkeit in Erinnerung geblieben. Darum denken wir auch in diesen Tagen anlässlich seines 111. Geburtstages voller Dankbarkeit und Anerkennung an den Menschen, den Pädagogen und Musiker Peter Focht.
(Waltraut Rumesz)
Ereignisse 1945 in Rekasch
Das Jahr 1945 war für die Deutschen in Rekasch ein besonderes Schicksalsjahr. Es war nicht nur die Deportation der jungen Deutschen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion und die Enteignung der deutschen Landwirte, sondern auch Angst und Schrecken sowie brutale Morde, die in diesem Jahr zum Entsetzen aller Dorfbewohner durch eine kleine Gruppe schokatzischer Mitbewohner verbreitet bzw. verübt wurden.
Grundsätzlich gab es mit den Schokatzen (eine südslawische Bevölkerungsgruppe, die dem katholischen Glauben angehört und heute hauptsächlich in Kroation lebt), die zusammen mit den Deutschen im Jahre 1740 den heutigen Ort Rekasch gründeten, stets ein friedliches Zusammenleben. Nach der Besetzung Rumäniens durch die sowjetischen Truppen im August 1944 hat sich aber eine kleine schokatzische Gruppe, die sich aufgrund der slawischen Sprachenverwandtschaft mit den Besatzern verständigen konnte, plötzlich als „Herrscher“ aufgeführt. Mit Überfällen und Raub versuchten sie zu Reichtum zu kommen, wobei sie auch vor Mord nicht zurück schreckten.
Ein Mittel zu Geld zu kommen, war auch das Versprechen, dass sich Deutsche gegen hohe Geldsummen von der Deportation freikaufen könnten. Es ist bekannt, dass ihnen mehrere Leute dafür Geld gezahlt haben. Tatsächlich sind dann auch einige junge Leute von dem Transport zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschont geblieben; ob aufgrund dieser Geldzahlungen oder aufgrund anderer Beziehungen ist nicht bekannt.
Das Rekascher Sparkassengebäude in den 40. Jahren. Foto: Archiv der HOG Rekasch
Am 11.Januar 1945, also 3 Tage vor der Festnahme der jungen deutschen Frauen und Männer zur Deportation, fand der erste Mord an einem 45 Jahre alten deutschen Seilermeister, der auch Feuerwehrkommandant war, statt. Am späten Abend hörte er verdächtige Geräusche auf seinem Anwesen und vermutete gleich einen Übergriff durch die schokatzische Gruppe. Um der Gefahr zu entgehen, versuchte er zu flüchten, wobei ihn einer der Gruppe verfolgte und mit einem Schuss tötete.
Nach diesem schrecklichen Vorfall und der anschließenden Deportation haben sich ältere daheim gebliebene deutsche Männer entschlossen, zur Sicherheit ihrer Mitbürger in den einzelnen Straßen nachts von 20 bis 6 Uhr Wachen zu halten. In der Nacht des 2. Februar waren in der Straße mit dem artesischen Brunnen 4 Männer im Alter von 41 bis 47 Jahren als Wachen unterwegs, wobei sie jeweils in zweier Gruppen auf den gegenüber liegenden Seiten in entgegengesetzter Richtung patroullierten. Als sie sich wieder einmal an der Ecke zur Hauptstraße trafen, bemerkten sie eine Gruppe Männer in sowjetischer Uniform, die auf sie zukamen und ihnen in rumänischer Sprache befahlen, sich ihnen anzuschließen. Ein Widerstand schien angesichts der gezeigten Waffen aussichtslos. Der Weg führte zum Haus eines wohlhabenden 47 Jahre alten deutschen Landwirts. Nachdem dieser die Haustür geöffnet hatte, mussten sich die 4 Wachleute in dessen Wohnzimmer in einer Reihe aufstellen und dabei erkannten sie die schokatzischen Männer. Der Anführer der Gruppe verlangte von dem Landwirt 1.000.000 Lei. Der Landwirt beteuerte, nicht so viel Geld zu haben; er versprach aber, ihnen alles zu geben, was er zuhause hatte. Als seine Ehefrau das vorhandene Geld brachte, war das dem Anführer zu wenig und er schlug dem Landwirt mit dem Revolver in das Gesicht, so dass das Blut spritzte. Danach schoss er ihm in den Kopf und der Landwirt brach schwerst verletzt zusammen. Außer dem Landwirtsehepaar war auch noch die 22 Monate alte Enkelin, deren Mutter deportiert war, in dem Zimmer. Da das Kind ängstlich schrie, feuerte der Anführer 6 Schüsse gegen dessen Bett, wobei das Kind auch verletzt wurde. Damit war die Schießwut des Anführers aber noch nicht beendet. Nun nahm er sich die Frau des Landwirts zum Ziel, schoss auf sie und traf sie an der Lunge, so dass sie neben ihrem Mann auf dem Boden zum Liegen kam. Danach befahl die schokatzische Gruppe den Wachmännern, mit ihnen das Haus zu verlassen. Die drei Verletzten blieben bis zum frühen Morgen des nächsten Tages hilflos zurück. Erst dann traute sich einer der Wachmänner Verwandte der verletzten Familie über die Geschehnisse zu benachrichtigen. Mit den verständigten Polizisten gingen diese in das Haus und fanden die Verletzten hilflos vor Angst, Schmerzen und vor Kälte zitternd. Der herbeigerufene Arzt versorgte die Verletzten und veranlasste, dass der schwerverletzte Mann sofort mit dem Pferdeschlitten in das Krankenhaus nach Temeswar gebracht wurde. Dort ist er 2 Tage später an seinen schweren Verletzungen gestorben. Die Frau des Landwirts und das 22 Monate alte Enkelkind konnten wieder gesund gepflegt werden.
Damit war das Morden dieser schokatzischen Gruppe in dieser Nacht noch nicht zu Ende. Direkt nach dem Verlassen des Hauses des Landwirts mussten die Wachleute die schokatzische Gruppe zum Haus eines langjährigen deutschen Bürgermeister begleiten, der damals 60 Jahre alt war. Auf dem Weg dorthin kam ihnen ein junger rumänischer Mann (ein Flüchtling aus Bessarabien) entgegen, der auch gezwungen wurde, mitzugehen. Im Haus des ehemaligen Bürgermeisters forderten die immer noch in sowjetischer Uniform gekleideten Schokatzen wieder Geld. Der Anführer hielt dem Mann die Pistole an den Kopf und forderte sein Barvermögen. Nachdem dieser ihm 20.000 Lei auf den Tisch legte, schoss ihm der Anführer mitten ins Herz, so dass er sofort tot war. Dann schlug er der Frau die Pistole auf den Kopf, die dann auch gleich bewusstlos zusammen brach. Im Raum war eine Marmorplatte, die er auf die scheinbar tote Frau warf. Als er danach seine Pistole überprüfte, reagierte der Rumäne und schlug auf die Petroleumlampe, die sogleich erlosch. Diese Gelegenheit nutzten die vier deutschen Wachmänner, um nach draußen zu flüchten. Der Anführer schoss aber in der Dunkelheit noch um sich und traf den Rumänen tödlich. Dessen Frau blieb als Witwe mit 5 kleinen Kindern zurück. Die Frau des ehemaligen Bürgermeisters erlangte nach einigen Stunden wieder das Bewusstsein und schleppte sich in einem unbeschreiblichen Zustand zum Nachbarhaus und holte Hilfe.
Das verhängnisvolle Treiben nahm auch in den folgenden Monaten kein Ende. So geschah am 28. August ein weiterer Mord an einem deutschen 42-jährigen Landwirt, der bei Feldarbeiten war, und dessen Pferde im Laufe des Tages ohne ihren Herren zuhause ankamen. Als ihn seine Angehörigen suchten, fanden sie ihn ermordet auf dem Feld. Die Tat wurde wiederum dem Anführer der schokatzischen Gruppe zugeschrieben.
Dieser Anführer versuchte auch einmal, die grüne Grenze zu Ungarn zu überqueren. Dabei wurde er von Grenzsoldaten bemerkt, denen auch ein aus Rekasch stammender Ungar angehörte. Dieser erkannte ihn und sprach ihn mit seinem Namen an, woraufhin der Anführer sofort die Pistole zog und den Soldaten erschoss. Danach gelang ihm die Flucht.
Die schokatzische Gruppe trieb ihr Unwesen aber auch in verschiedenen Nachbarortschaften. So ist bekannt, dass sie auch in Deutschbentschek zahlreiche deutsche Dorfbewohner misshandelten und ausraubten. Eines Tages haben sie den dortigen ehemaligen deutschen Ortsgruppenleiter verhaftet und nach Rekasch mitgenommen. Von den betrunkenen Mitgliedern der Gruppe mit der Pistole bedroht und ständig geschlagen, sah er seinem Ende entgegen. Nachdem ihm die auf den Rücken gebundenen Hände gelöst wurden, gelang ihm dann in einem unbewachten Augenblick die Flucht. Aus Angst traute er sich wochenlang nicht nachhause und versteckte sich in den umliegenden Wäldern und Weingärten.
Nach etwa dreieinhalb Jahren wurde der Anführer und sein zur Gruppe gehörender Vater verhaftet und vor das Strafgericht in Temeswar gestellt. Eingeschüchtert und in großer Angst waren weder die bei den Morden anwesenden noch andere Deutsche bereit, als Zeugen vor Gericht auszusagen. Die Frau des ermordeten Rumänen und Rumänen aus benachbarten Ortschaften, die auch beraubt wurden, hatten aber den Mut, als Zeuge der Anklage aufzutreten. Der Anführer wurde zu dreimal lebenslänglicher Haft verurteilt. Nach 20 Jahren wurde er wieder frei gelassen und hat sich dann in Lugosch niedergelassen. Nach kurzer Zeit wurde er dort eines Abends auf der Straße erschlagen aufgefunden. Sein Vater beging Selbstmord.
Franz Bertram
Heimatortstreffen der Rekascher in Karlsruhe
Karlsruhe hat sich als Ort, an dem die Heimatortstreffen im zweijährigen Rhythmus stattfinden, durchgesetzt: So fand auch am 9. Juni 2019 das mittlerweile 17. Treffen der Rekascher Landsmannschaft in der Gaststätte „Siedlerheim“ (Hohlohstraße 100) statt. Gekommen waren diesmal neben den üblichen Gästen, die immer und überall dabei sind, auch ein paar Überraschungsgäste, die gerne wiederkommen dürfen.
Nach der eingangs herzlichen Begrüßung der Gäste untereinander und der Wiedersehensfreude, nach dem Schmökern in den ausgelegten Büchern, Broschüren, Filmen und Zeitungen, begann der offizielle Teil der Veranstaltung durch den Vorsitzenden, Erwin Lehretter, der im Allgemeinen über die Resolutionen zum Rentenrecht, die Datenschutzverordnung, die veränderten Mitgliedschafts-verhältnisse sprach, ferner über die diversen Veranstaltungen und Tagungen der regionalen und überregionalen Heimatortsgemeinschaften den Bogen zum Zustand der Kirchen und Friedhöfe schlug, um auf den ortseigenen Friedhof zu kommen. An dieser Stelle wird zu einer Aufzeichnung des Kirchengeläutes der Rekascher Kirche immer der Toten gedacht, die vor allem in der Bundesrepublik in diesem und dem letzten Jahr sehr unerwartet, sehr jung und sehr zahlreich waren.
Der Friedhof ist es, dem auch die vielen Beiträge zu Gute kommen sollen, deren Spendern an dieser Stelle gedankt sei: In alphabetischer Reihenfolge sagen wir Danke an Elisabeth Bertram, Erika Betschner, Erich und Mariechen Fleischhacker, Hilde Hengelmann, Martin Lutz, Elisabeth Loch, Renate Marin, Siegfried Maurer, Katharina Nägel, Herbert Rumesz, Käthe Tasch, Ewald Treuer, Agi Schmidt, Erich Weissgerber und Gerda Würz. Das Geld wird für die Instandhaltung und Pflege der Hauptwege und der gesamten Friedhofsanlage genutzt, nicht für die private Gräberpflege.
Ähnlich war auch das Hauptanliegen, das der Ehrengast Werner Gilde, der Vorsitzende des Kreisverbandes Karlsruhe hervorbrachte; es gilt für uns – nur noch wenigen Verbliebenen – das Erbe, die kulturelle Besonderheit und die gelebten Traditionen zu bewahren, bevor sie gänzlich verschmolzen sind und dadurch verloren gehen. Im gleichen Wortlaut forderten die beiden Vorstände - Gilde wie Lehretter - auf, Bilder, Erfahrungsberichte, Bücher, altes Filmmaterial, Stammbäume, Trachten, Trachtenpuppen und Traditionen aus dem Nachlass nicht zu verwerfen, sondern sie aufzubewahren, sie zu präsentieren, darüber zu schreiben. Dies sei auch wichtig, um als Deutsche nicht aus der dreihundertjährigen Geschichte des Banates gestrichen zu werden, was in Rumänien zwar länger von Bestand war, als im ungarischen und serbischen Banat, aber aktuell ziemlich schnell vorangetrieben wird.
Nachdem der zweite Ehrengast, der Rekascher Bürgermeister, Pavel Teodor, nicht anwesend sein konnte, ging es zum unterhaltsamen Teil der Veranstaltung über. Auch diesmal spielten die Rekascher Musikanten unter der Leitung von Erwin Birnstill in etwas verkleinerter Anzahl und auch diesmal waren es die gleichen Tänzerinnen und Tänzer, die man kennt, die – wenn auch über achtzig – im Herzen jung geblieben sind. Das Ende der Veranstaltung wurde durch die Abfahrt des Augsburger Busses eingeläutet, doch freut man sich bereits auf die nächste und die übernächste Feier, den Pinglball im beginnenden Frühling und das Jahrgangstreffen im Herbst 2020.
Waltraut Rumesz
(im Namen des Vorstandes)