Heimatortstreffen der Rekascher in Karlsruhe
Karlsruhe hat sich als Ort, an dem die Heimatortstreffen im zweijährigen Rhythmus stattfinden, durchgesetzt: So fand auch am 9. Juni 2019 das mittlerweile 17. Treffen der Rekascher Landsmannschaft in der Gaststätte „Siedlerheim“ (Hohlohstraße 100) statt. Gekommen waren diesmal neben den üblichen Gästen, die immer und überall dabei sind, auch ein paar Überraschungsgäste, die gerne wiederkommen dürfen.
Nach der eingangs herzlichen Begrüßung der Gäste untereinander und der Wiedersehensfreude, nach dem Schmökern in den ausgelegten Büchern, Broschüren, Filmen und Zeitungen, begann der offizielle Teil der Veranstaltung durch den Vorsitzenden, Erwin Lehretter, der im Allgemeinen über die Resolutionen zum Rentenrecht, die Datenschutzverordnung, die veränderten Mitgliedschafts-verhältnisse sprach, ferner über die diversen Veranstaltungen und Tagungen der regionalen und überregionalen Heimatortsgemeinschaften den Bogen zum Zustand der Kirchen und Friedhöfe schlug, um auf den ortseigenen Friedhof zu kommen. An dieser Stelle wird zu einer Aufzeichnung des Kirchengeläutes der Rekascher Kirche immer der Toten gedacht, die vor allem in der Bundesrepublik in diesem und dem letzten Jahr sehr unerwartet, sehr jung und sehr zahlreich waren.
Der Friedhof ist es, dem auch die vielen Beiträge zu Gute kommen sollen, deren Spendern an dieser Stelle gedankt sei: In alphabetischer Reihenfolge sagen wir Danke an Elisabeth Bertram, Erika Betschner, Erich und Mariechen Fleischhacker, Hilde Hengelmann, Martin Lutz, Elisabeth Loch, Renate Marin, Siegfried Maurer, Katharina Nägel, Herbert Rumesz, Käthe Tasch, Ewald Treuer, Agi Schmidt, Erich Weissgerber und Gerda Würz. Das Geld wird für die Instandhaltung und Pflege der Hauptwege und der gesamten Friedhofsanlage genutzt, nicht für die private Gräberpflege.
Ähnlich war auch das Hauptanliegen, das der Ehrengast Werner Gilde, der Vorsitzende des Kreisverbandes Karlsruhe hervorbrachte; es gilt für uns – nur noch wenigen Verbliebenen – das Erbe, die kulturelle Besonderheit und die gelebten Traditionen zu bewahren, bevor sie gänzlich verschmolzen sind und dadurch verloren gehen. Im gleichen Wortlaut forderten die beiden Vorstände - Gilde wie Lehretter - auf, Bilder, Erfahrungsberichte, Bücher, altes Filmmaterial, Stammbäume, Trachten, Trachtenpuppen und Traditionen aus dem Nachlass nicht zu verwerfen, sondern sie aufzubewahren, sie zu präsentieren, darüber zu schreiben. Dies sei auch wichtig, um als Deutsche nicht aus der dreihundertjährigen Geschichte des Banates gestrichen zu werden, was in Rumänien zwar länger von Bestand war, als im ungarischen und serbischen Banat, aber aktuell ziemlich schnell vorangetrieben wird.
Nachdem der zweite Ehrengast, der Rekascher Bürgermeister, Pavel Teodor, nicht anwesend sein konnte, ging es zum unterhaltsamen Teil der Veranstaltung über. Auch diesmal spielten die Rekascher Musikanten unter der Leitung von Erwin Birnstill in etwas verkleinerter Anzahl und auch diesmal waren es die gleichen Tänzerinnen und Tänzer, die man kennt, die – wenn auch über achtzig – im Herzen jung geblieben sind. Das Ende der Veranstaltung wurde durch die Abfahrt des Augsburger Busses eingeläutet, doch freut man sich bereits auf die nächste und die übernächste Feier, den Pinglball im beginnenden Frühling und das Jahrgangstreffen im Herbst 2020.
Waltraut Rumesz
(im Namen des Vorstandes)
Jahrgangstreffen der Rekascher in Karlsruhe
Alle Jahre wieder…
… treffen sich die Jubilare der „runden“ und „halbrunden“ Geburtstage mal in Augsburg, mal in Karlsruhe. Dieses Jahr fand die Begegnung am 13. Oktober im Karlsruher Siedlerheim, in der Hohlohstraße 100 statt. Ab 14:00 Uhr bereits war Saaleinlass und fanden erste Begrüßungen und Austausche statt.
In der einleitenden Rede des HOG-Vorsitzenden, Erwin Lehretter, wurden die anwesenden Jubilare gewürdigt, dem Alter entsprechend zuerst der 90-Jährige, Nikolaus Tasch, nachfolgend die recht schwach vertretenen 80-, 70- und 60-Jährigen bis zu den jüngsten, dem Geburtsjahrgang 1968. Auf dem Gruppenbild sind auch die jeweils „halbrunden“ Geburtsjahrgänge (z.B. 1933 und im Zehnerschritt aufsteigend) zu sehen.
Ferner wurden besondere Hochzeitsjubiläen genannt, allen voran Inge und Erwin Zipp, die dieses Jahr „Goldene Hochzeit“ feierten, und mit einem Tusch und Ehrentanz wurde dem Geburtstagskind des Tages, Käthe Weber, gratuliert. Es hat bereits Tradition, den ältesten Teilnehmern der Veranstaltung für ihr treues Erscheinen zu danken: Diesbezüglich wurden Elisabeth Tasch, Elisabeth Weber und Anna Stricker symbolisch Pralinen geschenkt, den Herren (Nikolaus Tasch, Michael Ramholz und Jakob Niessner) überreichte Elisabeth Berwanger jeweils eine Flasche Wein seitens der HOG.
Mit dem obligatorischen Hinweis auf das neue Datenschutzgesetz (DSGVO), welches am 25. Mai diesen Jahres in Kraft getreten ist, unterstrich der Vorstand die Veröffentlichungsveränderungen im Anzeigenteil unserer Heimatzeitung und wies gleichzeitig auf Bild- und Namensveröffentlichungen hin.
Desgleichen wurde in der Ansprache die Rekasch-Reise vom September 2018 angesprochen, über welche ein zweiteiliger Reisebericht in den Oktoberausgaben der „Banater Post“ erschienen war. Erwin Lehretter bedankte sich bei allen Organisatoren, Spendern und v.a. den Teilnehmern, die zu dem brillanten Gelingen dieser Reise beigetragen hatten. So hob er auch die ehemaligen Vorsitzenden der HOG-Rekasch hervor, die nicht nur alle mitgereist waren, sondern auch bei keiner Veranstaltung fehlen: Nunmehr sind dies die Ehrenvorsitzenden Emil Frekot, Andreas Stark und Nikolaus Lutz.
In wunderbarem Wortlaut bedankte sich Andreas Stark für die gelungene Reise, vor deren langen Busfahrt es einigen Mitreisenden grauste; eine Befürchtung, die sich aber durch das tolle Miteinander, die Fürsorge und gegenseitige Rücksichtnahme schnell legte. Für manche war es wohl der endgültige Abschied von Kirche, Friedhof, dem gesamten Rekasch (und auch Temeswar).
Unter diesem Vorzeichen stand auch der sich anschließende Bildvortrag von Waltraut Rumesz, welcher chronologisch die Stationen der Reise veranschaulichte und nochmal zusammenfasste. Zum Mitnehmen gab es für jeden Teilnehmer jeweils zwei CD-Rom mit sämtlichen Bildern der Fahrt, die Klaus Kerkel, Stefan Lehretter, Franz Rumesz und Franz Tasch zur Verfügung stellten und die Stefan Lehretter bearbeitet und als Medium erstellt hatte. Ebenso wurden diese sowie auch unsere viersprachige Broschüre zum 100-jährigen Kirchenjubiläum auf Spendenbasis an Interessierte abgegeben.
Mit dem Hinweis auf die nachfolgenden Ereignisse schloss der offizielle Teil des Jahrgangstreffens: Am 9.März 2019 findet der traditionelle „Pinglball“ im NCR-Clubhaus statt und am 15. Mai das zweijährig wiederkehrende Pfingsttreffen, beide Veranstaltungen in Karlsruhe, doch wird zeitnah über die „Banater Post“ und die Homepage der HOG nochmal eingeladen.
Essen, Trinken, Erzählen und Tanzen rundeten den Abend ab. Zu den bewährten Klängen der Rekascher Musikanten tanzte selbst das älteste Paar: Elisabeth und Nikolaus Tasch noch schwungvoll und begeistert.
Waltraut Rumesz
(im Namen des Vorstandes)
100 Jahre Rekascher Kirche
- Besonderheit einer großen Glaubensgemeinschaft -
(Teil 2: Kirche)
„Zahvalnost“, „Dankbarkeit“, „Hála“, „Recunostinta“ bedeutet dasselbe. Und dennoch steht es für vier ethnische Gruppen, die alle in derselben Kirche an den Gottesdiensten teilnehmen, Taufe, Kommunion und Hochzeit feiern und den letzten Segen gespendet bekommen. Warum aber ist diese Kirche so anders, als alle anderen banater Dorfkirchen?
Bereits im 14. Jahrhundert wird der Ortsname „Rykas“ das erste Mal dokumentarisch attestiert. Damals siedelten Bulgaren (Stitzl, Josef: Aus der Vergangenheit und Gegenwart der Großgemeinde Rekasch, Temeswar, 1924) in der Nähe des Flusses (rijeka), im 17. Jahrhundert dann folgten schokatzische Siedler. Nach der Befreiung des Banates von den Türken (1716) und der Besiedlung durch das habsburgische Kaiserreich festigten zunächst Franziskanermönche mit slawischen Namen den katholischen Glauben im Ort (1721), die ersten deutschen Siedler zogen 1724 hinzu und verlegten ihre Häuser schließlich ab 1740 auf die nördlich gelegenen Hügeln der inzwischen kanalisierten, doch schwer kontrollierbaren Bega. Das ist das Jahr, aus welchem erste Matrikelbücher erhalten sind, eine erste Holzkirche sowie die ersten Siedlerhäuser errichtet wurden. 1769 übernahm Pfarrer Georg Palzer den Bau der alten Steinkirche und 1777 die Einweihung des ersten Teils des heutigen katholischen Friedhofs. Der Ort nahm zu, die Infrastruktur gedieh (Schule, Vereinsleben, Gesundheitswesen, Post- und Telegraphenamt, Bahnhof, Feuerwehr, Bankwesen, …) und die Weinkultur gewann an Tradition. 1871 wurde Rekasch eine Großgemeinde mit der Eingemeindung der umliegenden Dörfer. 1899 entstand unter der ungarischen Regentschaft der K&K-Monarchie ein neues Viertel mit ungarischen Zuwanderern, 1918 kam es zur Annexion an den Rumänischen Staat und in den Folgejahren zur Ansiedlung rumänischer Kolonisten. Trotz der Auswanderungswelle nach Amerika und den Verlusten im Ersten Weltkrieg lebten Anfang des 20. Jahrhunderts etwa 1800 Deutsche in Rekasch. Mit den hinzugezogenen Ungarn und den Schokatzen zusammen ergab dies eine große Zahl an katholischen Gläubigen, weswegen unter Dechantpfarrer Johann Koleszar die Errichtung eines neuen Gotteshauses angeleitet wurde.
Blick auf den festlich geschmückten Innenraum vor dem Jubiläumsgottesdienst
Im März 1914 begannen die Bauarbeiten zur imposanten Kirche im neugothischen Baustil, die sich durch die Kriegswirren sowie Finanz- und Baumaterialienmangel verzögerten. Namhafte Architekten, Baumeister und Ingenieure planten und betreuten den Bauprojekt. Am Gründonnerstag des ereignisreichen Jahres 1918 schließlich kam es zur feierlichen Weihung, wobei die Festmesse viersprachig gehalten worden war.
Obwohl das Kameralamt nur einen Teil der Kosten trug und die Gemeinde für den Rest aufkommen musste, kam es zu einer prächtigen Ausstattung: Altäre und Kommunionsbank, sowie die Kirchenorgel wurden gespendet, die ästhetisch bemalten Kirchenfenster tragen sogar noch die Namen ihrer Mäzene, bzw. stellen Johannes den Täufer als Schutzpatron der Kirche dar, Kreuzweg-Bildnisse sowie zahlreiche Heiligenfiguren schmücken den Innenraum. Über die Ortsgrenze hinaus bekannt ist der Altar der „Schwarzen Maria“, um den sich zahlreiche Legenden um überdauerte Brände und Wunder ranken. Tatsache ist, dass bereits seit 1746 Wallfahrten zu dieser Statue bekannt sind, 1927 ließen Zigeunermusiker aus der Temeswarer Fabrikstadt einen schönen Seitenaltar für sie erbauen. An der Treppe des Hauptportals erinnert ein Gedenkstein symbolisch an die alte, nach Osten ausgerichtete Kirche. Die Außenanlage wird gesäumt von der Dreifaltigkeitssäule, die ungarische Siedler 1904 stifteten und dem Heldendenkmal, welches 1921 zu Ehren aller im Krieg gefallener Rekascher errichtet worden war. Auch der Friedhof wurde in dieser Zeit erweitert und bekam 1912 zwei ansehnliche Jugendstilkapellen. Etwas detailliertere Hinweise mit zahlreichen Abbildungen finden sich in der broschierten Festschrift zur Hundertjahrfeier, welche die HOG Rekasch erstellt hat.
Broschüre zur Hundertjahrfeier
Das Besondere an dieser Broschüre jedoch ist, dass sie in allen vier Sprachen der Kirchengemeinde gestaltet ist, was einer ziemlich aufwändigen Übersetzungsarbeit bedurfte. Aus Anlass dieses Festes unternahmen etwa 40 ehemalige Rekascher Anfang September eine Busreise, über welche im Teil 1 des Beitrages (BP, vom 5.10.18) ein Reisebericht erfolgte.
Pfarrer Budnaru und Generalvikar des Temeswarer Bistums, Johann Dirschl
Neben dem wundervollen Empfang durch die dortige Gemeinde und der viersprachigen Festmesse, zelebriert von Pfarrer Anton Budnaru sowie dem Generalvikar des Temeswarer Bistums, Johann Dirschl, neben zahlreichen Hommagen seitens des Bürgermeisters und der HOG wurde auch eine Votivtafel geweiht, die auf die Vielsprachigkeit und zugleich die Multikulturalität des Ortes hinweist. Und für dieses Erbe der Rekascher, das uns viel Toleranz und Offenheit bescherte, sagen wir heute „Zahvaliti“, „Köszönem“, „Multumesc“ und „Danke“!
Waltraut Rumesz(im Namen des Vorstandes)
100 Jahre Rekascher Kirche
- Reise in die alte Heimat zum Kirchenjubiläum -
(Teil 1: Reisebericht)
In der Osterausgabe der „Banater Post“ luden wir zur anstehenden Busfahrt im September 2018 ein. Zum Erntedank im Oktober wollen wir uns bei allen, die dazu beigetragen haben, eine unvergessliche Reise zu erleben, bedanken.
Für einige Mitreisende war der Tag der Anreise recht lang, wenn man bedenkt, dass sie aus Freiburg, Bergisch-Gladbach, Stuttgart, Nürnberg, Kirchheim, Ulm und Aalen erstmals nach Karlsruhe und paar Stunden später nach Augsburg fahren mussten. Doch nachdem wir dann vollzählig am Mittwoch, dem 5.09, abends um 20:00 Uhr mit dem Reiseunternehmen „Feil“ Augsburg verließen, begann der eigentliche Urlaub. Der Sektbegrüßung und den reisetechnischen Worten des Organisatoren und HOG-Vorsitzenden, Erwin Lehretter, folgte ein Imbiss bei dem auch die obligatorischen Salzkipferl nicht fehlen durften und so hielten wir bis weit hinter Budapest die Nachtfahrt gut durch, wo es dann eine weitere Verpflegung seitens des Busunternehmens gab. Obwohl die ältesten Teilnehmer bereits einiges über achtzig waren, klagte keiner über steife Beine oder Schlaflosigkeit, zu groß war die Vorfreude über die anstehenden Ereignisse. So blickte man denn auch voller Neugierde auf die unbekannten Grenzübergänge, die nunmehr fertiggestellte Autobahn, die nicht mehr die alten Orte passiert, sondern daran vorbeiführt. Bei der Ausfahrt „Remetea Mare“ war dann schließlich jeder aufgeregt, befand man sich doch schon auf Heimatterritorium - und dennoch war es vielen fremd, was man da erblickte. Die Reisegruppe verteilte sich anschließend auf die beiden Hotels „Central“ und „Timişoara“, der Nachmittag wurde mit Geldwechseln, ersten Besorgungen und Besuchen verbracht und mit dem gemeinsamen Abendessen in der Gaststätte „Curtea berarilor“ abgeschlossen.
Spaziergang am Domplatz. Foto: Franz Rumesz
Unser eigentliches Reiseprogramm begann am Freitag, dem 7.09, als der Rekasch-Tag angesagt war. Emotionsgeladen stiegen wir an der katholischen (unserer) Kirche aus und begaben uns auf erste Wiedererkennungs-Touren, trafen die ersten Bekannten, sahen die ersten Veränderungen und erkannten doch das meiste wieder, obwohl für viele Mitreisende Jahrzehnte seit der Ausreise dazwischen lagen. Der Empfang im Heimat-Museum war überwältigend und war auch der Moment, als kein Auge trocken blieb: Der Bürgermeister der (nunmehr) Stadt Rekasch, Pavel Teodor, begrüßte uns offiziell und freundschaftlich. Doch richtig in der alten Heimat willkommen hießen uns Veronica Andruseac und Silvia Müller-Harhata, die ehemalige und gegenwärtige Leiterin des Museums, die unsere Anreise und die organisatorischen Vorbereitungen auch im Vorfeld bereits unterstützt hatten. Bei dem Rundgang durch das „Stitzlesche“ Haus, dem ehemaligen Wohnsitz und der Praxis des Arztes, Dr. Josef Stitzl, der auch eine erste Ortschronik zu Rekasch verfasst hatte, konnten wir nicht nur Exponate wiedererkennen, sondern auch Bilder zu allen wichtigen Eckpunkten finden (kirchliche Ereignisse, Feierlichkeiten, Schule, Vereinsleben, Sport, Arbeitswelt, Musik, Weinkellerei, …), die liebevoll gesammelt und thematisch geordnet sind und immer wieder auf die kulturelle Vielfalt des Ortes mit den unterschiedlichen Ethnien (Schokatzen, Deutsche, Ungarn, Rumänen und Roma) hinweisen. Das Haus ist für viele auch der tatsächliche Geburtsort, da sich in diesen Räumen in den Fünfziger- und Sechzigerjahren die Entbindungsklinik befand.
Vor dem Museum. Foto: Stefan Lehretter
Bereits an dieser Stelle, dann aber auch zum Hauptereignis am Sonntag, bei der Festmesse, wurde unsere ca. 40-köpfige Reisegruppe von Redakteuren der deutschen und rumänischen Zeitung („Allgemeine Deutsche Zeitung“ und „Renaşterea bănăţeană“) begleitet, Raluca Nelepcu und Dumitru Oprişor führten Interviews mit einigen Mitreisenden, den älteren wie auch dem jüngsten Teilnehmer, der mit gerade mal 40 Jahren die Ereignisse als Neufeld empfand. Gleichzeitig wurde auch auf die Präsenz der vollzähligen HOG-Vorstände hingewiesen: Der 1985 gegründeten Gemeinschaft der Rekascher in der Bundesrepublik standen zunächst Emil Frekot, danach Andreas Stark (jeweils vier Jahre), Nikolaus Lutz (sechzehn Jahre) und seit nunmehr neun Jahren Erwin Lehretter als Leiter vor.
Rekascher HOG-Vorsitzende. Foto: Franz Tasch
Die Presse kündigte nicht nur unsere Reise an, sondern veröffentlichte auch detaillierte Berichte dazu (ADZ, vom 17.09).
Feierlich ging es weiter mit der Kranzniederlegung und Einsegnung im katholischen Friedhof, gemeinsam mit Pfarrer Anton Butnaru gedachten wir aller Verstorbener, in der alten wie auch der neuen Heimat, jeder suchte die Gräber von Familienmitgliedern, Nachbarn oder Freunden auf, kehrte die Betonplatten ab, rupfte die Grashalme aus, die inzwischen überall durchspitzen und brachte Kerzen und Blumen mit.
Kranzniederlegung im Friedhof. Foto: Franz Tasch
Und gleich anschließend folgte auch schon der nächste Programmpunkt: Die Besichtigung der Weinkellerei, „Cramele Recaş“. Wir alle wussten schon immer, dass es dort guten Wein gab, aber wie spitzfindig der gute Boden, die Exposition, die klimatischen Verhältnisse und letztendlich auch die Spezialkenntnisse der Önologen dann mit den entsprechenden technischen und marktwirtschaftlichen Faktoren zusammenspielen, konnten wir in einer sehr komplexen Führung erfahren. Zunächst begrüßte uns der Direktor, Gheorghe Iova, der auch nicht vergaß, unsere Vorfahren als die Wegbereiter des Weinbaus auf den Hängen nördlich des Dorfes zu erwähnen, der aber auch auf ältere Dokumentationen zu dieser landwirtschaftlichen Nutzungsart aus dem Jahre 1447 hinwies. Detailliertere Informationen zum Anpflanzen, Pflegen, Ernten und Weiterverarbeiten der Weinreben erhielten wir von Marius Pasca, der uns durch Press-, Lager- und Kühlanlagen führte und nicht vergaß, die Modernität und Größe des bedeutendsten Exporteurs an Flaschenweinen aus Rumänien hervorzuheben, die letztendlich durch weltweite Investoren und Önologen sowie modernste Technologie und Abfüllanlagen beständig aufgewertet werden. Älteste Weine lagern hinter Gittern im Keller und wir konnten uns bei einer Weinverkostung in nebendran schön gestalteten Räumen mit dazugehörigem fünfgängigem Menü von Andrea Trezak im wahrsten Sinne „berauschen“ lassen. Entsprechend locker saß dann bei jedem der Geldbeutel, als es durch den sehr gut sortierten Verkaufsraum wieder hinausging. Ein Trost für Daheimgebliebene: Ab nächstem Jahr wird es nicht nur über den bekannten Weinversand, sondern auch in unseren Supermärkten vermehrt Rekascher Weine geben.
Besuch der Weinkellerei „Cramele Recas“ Foto: Stefan Lehretter
Den Abend wie auch alle anderen verbrachte unsere Reisegruppe individuell und trotzdem traf man immer wieder den ein oder anderen Bekannten in den vielen „Terrassen“, wie man in Temeswar die Außenanlagen der Gaststätten auf dem „Corso“ nennt. Erwähnenswert ist aber vor allem auch das Domviertel, vielmehr der gesamte Bereich um den sehr schön restaurierten Domplatz mit sämtlichen Seitenstraßen, die zur Fußgängerzone umgebaut worden sind, wo es zahlreiche Cafes (u.a. das Ferenc Illy, dem gebürtigen Temeswarer zu Ehren gestaltete), Bier- und Weinstuben, Restaurants, Imbisse und feinste Konditoreien gibt. Noch dazu hatten wir die Gunst, herrlichstes Septemberwetter zu haben, was im Banat immer noch paar Grad mehr sind als hierzulande.
Unter religiösem Vorzeichen stand der nächste Tag: Mariä Geburt (fliehe ti Schwalwe furt), war nicht der Tag der deutschen, sondern seit jeher jener der ungarischen Wallfahrer nach Maria Radna. Und unsere Reise führte denn auch über die nicht mehr zu erkennenden Orte wie Dumbravita, Bruckenau, Aliosch und Blumenthal über die Marosch zur imposanten renovierten Basilika, durch die zahlreichen Verkaufsstände unterhalb des Kirchengeländes, wo neben den feilgebotenen Baumkuchen, Alawitschka und Hausschokolade auch Bauchspeck und Mici gegrillt sowie Marienbildnisse und andere Devotionalien zum Kauf angeboten wurden. Das Hochamt, die Festmesse, wurde um 11 Uhr auch in ungarischer Sprache zelebriert, doch haben sich im Gottesdienst erstaunlich viele lateinische Passagen erhalten, wie sie bei uns gewohnten Messen nicht mehr zu hören sind. Der Einzug mancher Wallfahrtsgruppen - aber vor allem jener der zahlreichen Priester - war überwältigend. Die vom Bistum Temeswar mit Unterstützung der EU durchgeführten Sanierungsarbeiten ermöglichen es heute, dass neben dem geistlichen Zentrum im ehemaligen Franziskanerkloster auch Seminar- und Veranstaltungsräume genutzt werden können. Ein noch junges Museum beherbergt die Geschichte des Ortes, die Besiegung und Vertreibung der osmanischen Besatzer, verewigt den sogenannten „Türkenstein“ und gibt einen Überblick zum religiösen Geschehen im Banat der letzten dreihundert Jahre. Wer wollte, konnte die Vierzehn Stationen besichtigen, deren derzeitig etwas schlechtem Zustand auch unsere überreichte Spende zugutekommen soll. Nach so viel Religiosität konnten wir im Speisesaal des Veranstaltungstraktes zu Mittag essen und den Abend in Temeswar wieder ausklingen lassen.
Wallfahrtsort Maria Radna. Foto: Artur Wehner
Der eigentlich feierlichste Tag stand am Sonntag, dem 9. September an. Zwar wurde die in den Wirren des Ersten Weltkrieges errichtete neue katholische Kirche bereits am Gründonnerstag des Jahres 1918 geweiht, doch durch unsere Reise bedingt, einigte sich die Kirchengemeinde darauf, die Festmesse an diesem Sonntag zu zelebrieren. Etwas aufgewühlt und voller Erwartungen fuhren wir am Morgen nach Rekasch, waren auch sehr früh schon vor Ort und konnten unsere Kirche auf uns wirken lassen. In der von unserer HOG gestalteten viersprachigen Broschüre sind einige stilistische, geschichtliche und ethnische Grundlagen zu finden, auf welche jedoch erst im zweiten Teil des Reiseberichtes eingegangen werden soll, der in der folgenden Ausgabe erscheinen und sich vertieft mit der Kirche und ihren Besonderheiten beschäftigen wird.
Man erkannte die liebevolle Gestaltung des sakralen Raumes sofort beim Betreten des noch menschenleeren Gotteshauses: der Blumenschmuck an den Bänken und an den Altären, eine Bildersammlung aller gewesener Pfarrer im Eingangsbereich, die gestiftete Votivtafel in allen vier Sprachen der Gottesdienste, die in dieser Kirche gehalten werden. Die absolute Steigerung kam dann, als die Rekascher Blasmusik-Kapelle vom Rathaus zur Kirche zog, angeführt von zahlreichen Kindern in ungarischer, rumänischer, kroatischer und schwäbischer Tracht, dem Bürgermeister nebst Gefolge sowie vielen an der Organisation Beteiligten. Die Kirche war bis auf den letzten Stehplatz besetzt. Zusammen mit dem Pfarrer Anton Butnaru zelebrierte der Generalvikar Johann Dirschl vom Römisch-Katholischen Bistum in Temeswar in allen vier Sprachen der Gläubigen und es war beeindruckend, wie jede einzelne Ethnie ihre Gebete sprach, ihre Lieder sang, die Fürbitten las und schließlich zur Kommunion antrat. Nach den ofiziellen Begrüßungsreden, Danksagungen, Einweihung der Votivtafel sowie eines speziellen Gedenk-Banners, den die Stadt schenkte, erfolgten auch in diesem Rahmen, die Gastgeschenke: Anstecknadeln mit der Aufschrift des Ereignisse, Heiligenbildchen sowie unsere mitgebrachte Broschüre wurden beim Auszug ausgetauscht. Auf den Kirchentreppen, wo zahlreiche Kommunions-, Kirchweih- und Hochzeitsbilder über das Jahrhundert hinweg entstanden, war kein Platz für alle, die am Gottesdienst teilgenommen hatten, sodass sich nur nach und nach die Gäste auf dem Kirchenvorplatz einfanden, freudig alte Bekannte, Nachbarn und Freunde wiedererkannten und ihre Freude darüber austauschen konnten. Die Blasmusik spielte ein Lied nach dem anderen, bis wir in den Bus einstiegen und zum Mittagessen ins Nachbardorf nach Herneacova fuhren (eigentlich einem Ortsteil: Simei), der als Naherholungs- und Wochenendgebiet mit Freizeit- und Gastronomieangeboten aufwartet. Als Eingeladene des Rathauses verbrachten wir einen angenehmen Nachmittag, tauschten Gastgeschenke und Danksagungen aus, besuchten noch ein letztes Mal Friedhof, Verwandte und Bekannte und zehrten von den Ereignissen dieses wundervollen Tages.
Vor der Kirche. Foto: Klaus Krekel
Getoppt konnte dieser nicht mehr werden, und dennoch gab es noch eine Fortsetzung: Am Tag der Abreise bot der Archivar der Römisch-Katholischen Diözese, Claudiu Călin, uns eine Führung durch das gleichnamige Museum an, das sich in den lange Jahre zweckentfremdeten Räumen befindet. Er zeigte uns die Krypta und dann anschließend die Kathedrale des Domes des Heiligen Georg, sprach über Geschichte und Gegenwart dieser besonderen Stadt Temeswar und sorgte in dieser ohnehin sehr aufgeladenen Stimmung für ein starkes Heimwehgefühl nach all dem, was jeder von uns hier erlebt hatte.
Die Heimreise musste dementsprechend so schnell gehen, dass keiner zu sentimental werden konnte, die Gruppe teilte sich ein wenig auf, manche blieben noch für paar Tage, andere flogen zurück, der Kern der Gruppe jedoch trat die Rückfahrt mit unserem Reisebus an, alle mit gefüllten Herzen und guten Gedanken, Caş und Wein im Gepäck, unzähligen Bildern auf den Handykameras und dank der vielen Fotografen auch zum Vorzeigen, was wir bei unserem nächsten Treffen, dem Jubiläumstreffen am 13. Oktober 2018 in Karlsruhe auch machen werden.
Weiter zu den Bilder..... Waltraut Rumesz
(im Namen des Vorstandes)